Vision der nächsten zehn Jahre der Städtepartnerschaft

Vision der nächsten zehn Jahre der Städtepartnerschaft Karlsfeld – Muro Lucano

Interview mit Stefan Handl

 

(KA) Das Jubiläumsjahr 2021, mit dem das zehnjährige Bestehen der Städtepartnerschaft Karlsfeld – Muro Lucano gefeiert wurde, ist nun schon wieder vorbei. Es war – trotz schwieriger Rahmenbedingungen durch Corona – viel geboten: Eine Sonderausstellung im Heimatmuseum, ein Kochkurs mit einer Bilderausstellung, Infoständen sowie Pasta und Wein im Bürgertreff, eine italienische Leseecke in der Bücherei, Gestaltung eines eigenen Logos zum zehnjährigen Jubiläum, einem eigenen Webauftritt auf der Startseite der Gemeinde-Homepage sowie einem Malwettbewerb für Kinder und Jugendliche „Wie stelle ich mir unsere Partnerschaft vor?“ Zweiter Bürgermeister Stefan Handl leitete das Festkomitee. Doch jetzt richtet sich der Blick nach vorne. Mit ihm haben wir uns über die Zukunftspläne für die Städtepartnerschaft Karlsfeld – Muro Lucano unterhalten.

 

Herr Handl, was war Ihr persönliches Highlight im Jubiläumsjahr 2021?

Den Malwettbewerb für Kinder und die sehr schöne Ausstellung in der Kunstwerkstatt Drosselanger werde ich besonders in guter Erinnerung behalten. Die Zusammenarbeit zwischen unseren Grundschulen, dem Kunstkreis und dem Festkomitee hat wunderbar funktioniert und die Kinder haben mit großem Engagement viele schöne Bilder gemalt und gezeichnet.

 

Nach diesem Jubiläumsjahr wollen Sie die gute Zusammenarbeit zwischen dem Partnerschafts-Komitee und dem Organisationsteam nicht einschlafen lassen. Was ist Ihr Wunsch für die Zukunft?

Wir haben die glückliche Situation, dass unsere Partnerschaft mit Muro Lucano durch die vielen Familien aus Muro Lucano, die seit den 60-er Jahren in Karlsfeld leben, eine stabile Grundlage hat. Damit und davon „lebt“ diese Partnerschaft. Ich wünsche mir aber, dass Freundschaften und Gemeinsamkeiten auch in vielen anderen Teilen unserer Bürgerschaft und im Vereinsleben verankert werden können. Hier gibt es noch ein großes Potential, an dem wir alle gemeinsam arbeiten sollten.  

 

Wer kann sich im Bürgerkomitee engagieren und werden noch Leute gesucht?

Neben den bestehenden Aktivitäten wie Bürgerreisen, bayerisches Fest in Muro usw. gibt es zahlreiche Ideen, wie wir die Partnerschaft weiterentwickeln können. Hierfür können wir im Bürgerkomitee viele helfende Hände sehr gut gebrauchen. Es gibt keine besonderen Anforderungen und es sind auch keine italienischen Sprachkenntnisse nötig. Man muss auch kein Experte für Süditalien sein. Die Bereitschaft zur grenzüberschreitenden Zusammenarbeit reicht völlig aus.

 

Ist Muro Lucano für Touristen reizvoll?

Muro Lucano mit seinem einzigartigen Stadtbild, der italienischen Lebensart, einem beeindruckenden Museum und vielfältigen Wandermöglichkeiten oder Radstrecken ist immer eine Reise wert. Die Region Basilicata ist vom Tourismus noch nicht so stark geprägt wie z.B. die Toskana. Der kampanische und der lukanische Apennin bieten tolle Wandermöglichkeiten zu einer Jahreszeit, zu der in unseren heimischen Alpen wenig möglich ist. Bergfreunde, die zwischen Berchtesgaden und Lindau schon jeden Winkel kennen, werden sicher noch nie auf dem Monte Paratiello oder dem Vulkan Monte Vulture gewesen sein. Bei Letzterem ist das besonders bedauerlich, denn dort wächst auch ein herrlicher Rotwein, der Aglianico del Vulture.

 

Sie waren schon mehrfach in der italienischen Stadt, was mögen Sie so an Muro Lucano?

Wie schon gesagt, ist es eine ursprüngliche Gegend, abseits ausgetretener Reiserouten. Die Herzlichkeit der Menschen, das gute Essen und das besondere Lebensgefühl sind immer wieder schön. Ich fühle mich dort sehr wohl.

 

Ein Jugendaustausch-Programm liegt Ihnen ebenfalls am Herzen. Was soll hier in den nächsten Jahren realisiert werden?

Es gab ja bereits einen Schüleraustausch unter Beteiligung unserer Mittelschule. Den würden wir alle gerne bald wieder aktivieren. Corona hat das in den letzten zwei Jahren leider verhindert. Ich könnte mir auch eine Art „Au pair – Programm“ für junge Menschen aus Karlsfeld und Muro Lucano sehr gut vorstellen.

 

Als Kulturbegeisterter schweben Ihnen Konzerte oder Kunstausstellungen in Muro Lucano vor. Welche Projekte werden anvisiert?

So sehr ich unser Siedlerfest liebe (und wegen Corona derzeit schmerzlich vermisse): Ich möchte unseren Freunden in Italien zeigen, was es in Karlsfeld außerhalb des Bierzeltes noch alles gibt. So würde ich gerne eine Ausstellung unserer bekanntesten Künstlerin Edeltraut Klapproth in Muro Lucano organisieren. Ihre alten Karlsfelder Ansichten vermitteln zudem einen schönen Eindruck, wie Karlsfeld früher einmal aussah. Unsere Orchester in Muro spielen zu sehen, wäre auch ein tolles Erlebnis. Mal sehen, was wir in den nächsten Jahren gemeinsam realisieren können.

 

Die Bürger wurden Ende letzten Jahres aufgerufen, ihre Ideen bezüglich der Städtepartnerschaft in den nächsten zehn Jahren in der Gemeinde einzureichen? Noch sind nicht so viele Beiträge eingegangen. Möchten Sie die Menschen nochmal aktivieren?

Ja unbedingt, denn wir möchten alle Karlsfelderinnen und Karlsfelder bei der Weiterentwicklung der Partnerschaft aktiv mit einbinden. Bitte sagen Sie uns, was Sie sich in den nächsten Jahren wünschen würden, oder was Sie selbst beitragen könnten. Egal, ob im Sport, im Vereinsleben, in wirtschaftlicher oder kultureller Hinsicht.

 

Was bedeutet die Städtepartnerschaft für die Gemeinde und was macht sie so wertvoll?

Es sind die Gegensätze, die es in meinen Augen so reizvoll machen: Muro Lucano hat eine 2000-jährige Geschichte, während Karlsfeld hingegen erst 220 Jahre jung ist. Muro verfügt über ein gewachsenes historisches Stadtbild, während wir in Karlsfeld versuchen, die Zersiedelung der 50-er und 60-er Jahre zu überwinden und ein optisch erkennbares Ortszentrum zu schaffen. Auch wirtschaftlich sind die Unterschiede groß: Viele Bürger in Muro müssen weite Wege fahren, um Arbeit zu finden, z.B. im Fiat-Werk in Melfi oder der über 40 km entfernten Provinz-Hauptstadt Potenza. Die Jugendarbeitslosigkeit ist hoch. Wir haben viele Arbeitsplätze vor Ort bzw. im nahen München.

Trotz dieser Unterschiede und der großen Entfernung haben wir durch die sogenannten Gastarbeiter in den 60-er Jahren eine gemeinsame Geschichte.

 

Was sind die Vorteile einer Städtepartnerschaft?

Die Idee der Städtepartnerschaften entstand nach dem Zweiten Weltkrieg, um die in Europa aufgerissenen Wunden zu heilen. Städtepartnerschaften sollen Menschen aus verschiedenen Ländern zusammenführen und so einen Beitrag für ein friedliches Zusammenleben der Völker leisten. So lauten die hehren Ziele der Nachkriegszeit, die natürlich auch heute noch Gültigkeit haben. Im praktischen „Alltagsleben“ einer Städtepartnerschaft sind die Vorteile natürlich anderer Art: Wirtschaftlicher bzw. kultureller Austausch, Tourismusförderung, Jugendbegegnung, Austausch von best practice-Beispielen im Umweltschutz uvm.

 

Welchen Beitrag können die Karlsfelderinnen und Karlsfelder leisten?

Ganz einfach: Nehmen Sie an einer unserer Bürgerreisen in die Basilicata teil, engagieren Sie sich im Bürgerkomitee, schicken Sie uns Ideen. Die Liste lässt sich fortsetzen.

 

Was wäre Ihr Wunschtraum in dem Zeitraum bis zum Jahre 2031 zum 20-jährigen Jubiläum?

Zusätzlich zu den Zielen, die ich bereits genannt habe, wäre es mein persönlicher Traum, anlässlich des 20-jährigen Jubiläums zu Fuß von Karlsfeld nach Muro Lucano zu gehen. Hoffentlich bin ich in 10 Jahren noch fit genug für die 1500 km und die vielen Berge, die auf dem Weg liegen.

 

 

Foto: KA