Andrea Dommert, Sabine Leitl und Johann Willibald stellen sich vor

Die neuen Behindertenbeauftragten in der Gemeinde Karlsfeld

Die neuen Behindertenbeauftragten in der Gemeinde Karlsfeld

(FB) Andrea Dommert, Sabine Leitl und Johann Willibald wurden im Juni 2024 zu den neuen Behindertenbeauftragten der Gemeinde Karlsfeld bestellt. Der Gemeinderat beschloss dazu in einer Sitzung im Mai, die Regeln für das Ehrenamt zu ändern, so dass anstatt eines Behindertenbeauftragten und eines Stellvertreters künftig drei Ehrenamtliche dieses Amt bekleiden können. Zuvor hatte Anita Neuhaus viele Jahre das Amt ausgeführt.

 

Die drei neuen Beauftragten Andrea Dommert, Sabine Leitl und Johann Willibald erzählen uns im Gespräch ihre Pläne und Ziele für ihre Amtszeit und welche Verbesserungen sie sich für Menschen mit Beeinträchtigungen wünschen:

 

Warum haben Sie sich für das Amt beworben?

 

Andrea Dommert: Ich habe mich für das Amt beworben, um meine Erfahrungen und Kenntnisse im Umgang mit Menschen mit Behinderungen einzubringen und mich für ihre Belange einzusetzen. Mein persönlicher Hintergrund als Mutter eines beeinträchtigten Kindes hat meine Motivation zusätzlich bestärkt.

 

Sabine Leitl: Meine Motivation hat verschiedene Aspekte. Zum einen gibt es viele Kleinigkeiten, die man so, im normalen Alltag, wenig im Blick hat. Das können ganz einfache Beispiele sein, wie etwa, wenn die Absenkung am Bordstein zugeparkt ist und Menschen, die eine Beeinträchtigung beim Gehen haben, nur noch unter sehr großer Anstrengung daran vorbeikommen. Diese kleinen Stolperfallen müssen mehr in den Vordergrund gerückt werden. Zum anderen möchte ich das allgemeine Bewusstsein schärfen und die Einstellung der Gesellschaft gegenüber Menschen mit Behinderung verändern, damit offener mit dem Thema umgegangen werden kann. Mein Anliegen ist also die Bewusstseinsschärfung.

 

Johann Willibald: Da ich bereits während meiner beruflichen Laufbahn bei der Firma, in der ich angestellt war, das Amt des Schwerbehindertenvertreters innegehabt habe und auch als stellvertretender Konzernschwerbehindertenvertreter aufgetreten bin, sah ich es als Herausforderung an, mich für das Amt zu bewerben. Seit einiger Zeit bin ich zudem stellvertretender Vorsitzender beim Ortsverband Karlsfeld des Sozialverbandes VdK Bayern – eine hervorragende Ergänzung zu meinen Tätigkeiten.

 

Sie alle haben aufgrund Ihrer beruflichen Tätigkeit bereits Erfahrungen in der Arbeit mit Menschen mit Behinderungen. Erzählen Sie uns etwas über Ihren Beruf und Ihre Arbeit:

 

Andrea Dommert: Ich bin seit vielen Jahren Kinderkrankenschwester und Stationsleitung auf einer Kinderintensivstation in München. Dort arbeite ich täglich mit Kindern mit verschiedenen Beeinträchtigungen und gesundheitlichen Herausforderungen. Nebenbei bin ich als Heilpraktikerin tätig und behandle Patienten mit alternativen Heilmethoden. Durch meine Erfahrungen in beiden Bereichen habe ich ein tiefes Verständnis für die Bedürfnisse und Anliegen von Menschen mit Behinderungen entwickelt. Das hat mich dazu motiviert, mich aktiv für ihre Rechte und Interessen einzusetzen.

 

Sabine Leitl: Ich bin Gemeindereferentin und als Seelsorgerin für Menschen mit Behinderung im Sozialraum 117 beim Erzbistum München und Freising tätig, das entspricht in etwa dem Landkreis Dachau. Ich habe Religionspädagogik studiert und im Zuge meiner Arbeit ist mir noch mehr bewusst geworden, wo sich überall Barrieren auftun. Das möchte ich aktiv verändern.

 

Johann Willibald: Mittlerweile bin ich in Rente. Als ich noch berufstätig war, habe ich mehrere Stationen bei der Bayernwerk AG (später auch bei E.ON-Energie) als Betriebsratsvorsitzender und Schwerbehindertenvertreter beim Competenzcenter Regensburg durchlaufen. Ich möchte die wertvollen Erfahrungen und das Wissen, das ich während meiner beruflichen Laufbahn gesammelt habe in meiner neuen Position als Behindertenbeauftragter der Gemeinde Karlsfeld einbringen.

 

Barrierefreiheit und Inklusion, das sind zwei Themen, die im Hinblick auf Menschen mit Behinderung wohl am häufigsten auffallen und Thema sind. Doch der Alltag und die Anliegen der Menschen mit Behinderung gehen weit über Inklusion und Barrierefreiheit hinaus. Welches Thema ist Ihnen das Wichtigste? Gibt es vielleicht ein bestimmtes Ziel, dass Sie für sich selbst während der Zeit als Behindertenbeauftragter verfolgen und erreichen möchten?

 

Andrea Dommert: Mir ist besonders wichtig, dass Menschen mit Behinderungen nicht nur körperlich, sondern auch emotional, sozial und beruflich unterstützt werden. Insbesondere im Bereich der Kinder mit Behinderungen ist es entscheidend, ihre Entwicklung und Integration in die Gesellschaft ganzheitlich zu fördern. Mein Ziel ist es, die Inklusion und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen in der Gemeinde zu fördern und ihre Interessen zu vertreten. Ich möchte mich dafür einsetzen, dass sie die gleichen Chancen und Möglichkeiten haben wie alle anderen Bürgerinnen und Bürger.

 

Sabine Leitl: Ich denke, meine Ziele mit diesem Ehrenamt könnte man so zusammenfassen: Menschen und ihre An- und Zugehörigen, die von Behinderung betroffen sind, vom Rand der Gesellschaft in unsere Mitte zu stellen. So, dass „Behinderung“ nur ein persönliches Merkmal und nicht mehr der Anlass zum Ausgegrenzt sein ist. Schließlich ist circa ein Viertel der Bevölkerung im Laufe seines Lebens direkt oder indirekt von Behinderung betroffen, so dass man wirklich nicht von einer Minderheit sprechen kann.

 

Johann Willibald: Ich verfolge gleich mehrere Ziele: Zum einem möchte ich mich dafür einsetzen, in der Gemeinde Karlsfeld Barrieren abzubauen. Zum anderen – und das ist etwas, das mich persönlich und mitunter am meisten stört – sind das die Abfalltonnen, die für die Entleerung auf die Gehwege und Straßen gestellt werden. Dies war früher anders, da wurden die Mülltonnen von den Privatgrundstücken von den Mitarbeitern der Entsorgungsfirmen geholt. Die Tonnen stellen für jeden Behinderten ein massives Hindernis dar, sie sind gezwungen, auf die Straßen auszuweichen. Das ist mit einem Rollstuhl schwer und gefährlich. Das betrifft aber auch ältere Menschen, die mit einem Rollator oder einer Gehhilfe unterwegs sind und Mütter mit Kinderwagen, sie alle kommen schlecht von den Gehwegen runter und genauso schwer wieder hinauf.

 

Sie alle wohnen in Karlsfeld und sehen mit einem besonderen Blick die Hindernisse und Hürden der Gemeinde für Menschen mit Behinderungen und Einschränkungen. Welche Stellen und Orte sind Ihnen dabei besonders ins Auge gefallen? Wo sehen Sie dringenden Handlungsbedarf?

 

Andrea Dommert: In Karlsfeld gibt es noch einige Barrieren und Hindernisse für Menschen mit Behinderungen, insbesondere im Bereich der Mobilität und der Zugänglichkeit öffentlicher Einrichtungen. Hier sehe ich Handlungsbedarf. Ein besonderer Fokus liegt aber vor allem auf der Verbesserung der Inklusion und Unterstützung von Kindern mit Behinderungen, die in die Schule kommen. Es bedarf verstärkter Maßnahmen und Angebote, um sicherzustellen, dass diese Kinder angemessen unterstützt und integriert werden können.

 

Sabine Leitl: Ein wichtiges Feld der Inklusion ist die Freizeit und die Gesellschaft. Wann merke ich, dass ich Karlsfelderin bin? Nicht während der Arbeitszeit, die ich in München oder woanders verbringe, sondern im Rahmen meines Privatlebens – hier zeigt sich die Ortszugehörigkeit. Daher finde ich es wichtig, Menschen mit Behinderung die Möglichkeit zu geben, ein Teil der Ortsgemeinschaft zu werden. In einer idealen Welt wären Menschen mit Behinderung ein natürlicher Teil der Gesellschaft. Nicht nur als Empfänger, sondern auch als Geber. Das sage ich immer wieder: Nicht nur Teilnahme, sondern auch Teilgabe.

 

Johann Willibald: Da brauche ich gar nicht weit zu gehen oder groß zu suchen: Vor dem Rathaus der Gemeinde Karlsfeld befindet sich ein Kopfsteinpflaster. Das ist für gehbehinderte Menschen eine große Herausforderung. Mir ist es wichtig, den behinderten Menschen in Karlsfeld zu zeigen, dass sie trotz ihren Einschränkungen viel machen können, rausgehen und sich zeigen können. Einer meiner liebsten Sprüche ist, es reicht schon, wenn die Gesunden jammern.

 

Welche Leistungen und Hilfen möchten Sie für Menschen mit Behinderung anbieten?

 

Andrea Dommert: Ich möchte Leistungen und Hilfen anbieten, die auf die individuellen Bedürfnisse der Menschen mit Behinderungen zugeschnitten sind, um ihre Selbständigkeit und Lebensqualität zu verbessern. Dazu gehört auch die Förderung von Bildung, vor allem die Förderung der Inklusion der Kinder, Arbeit und Freizeitaktivitäten.

 

Sabine Leitl: Wir möchten unter anderem auch an die Karlsfelder Sportvereine herantreten. Vielleicht gibt es ja sogar schon spezielle Angebote und Gruppen für behinderte Menschen – und das weiß nur noch keiner. Das möchten wir ändern, und falls es solche Angebote noch nicht gibt, könnten wir als Beauftragte einen Anstoß dazu geben. Das Schöne ist, dass wir zu Dritt sind – jeder von uns „deckt“ ein gewisses Altersspektrum und eine Art „Fachgebiet“ ab, somit können wir vom Kindesalter bis hin zu den Senioren alle beraten. Wir alle möchten aber auch ein offenes Ohr für die Angehörigen haben. Das heißt nicht, dass wir alle Probleme lösen können. Aber oft hilft es, mit jemanden zu sprechen, der einfach zuhört und darüber hinaus die eine oder andere Stelle empfehlen kann, an die man sich als Angehöriger wenden kann.

 

Johann Willibald: Das Wichtigste ist es, nach außen hin sichtbar und laut zu werden. Die Menschen müssen wissen, dass es in Karlsfeld nun wieder Behindertenbeauftragte gibt, an die man sich wenden kann. Die Leistungen und Hilfen decken ein breites Spektrum ab: Das beginnt mit der Unterstützung bei der Antragstellung eines Schwerbehindertenausweises und reicht bis zur Hilfe bei Sachleistungen.

 

Welche Möglichkeiten gibt es, mit Ihnen Kontakt aufzunehmen? Wo kann man Sie erreichen?

 

Andrea Dommert: Man kann mich per E-Mail oder telefonisch kontaktieren.

 

Sabine Leitl: Ich bin ebenfalls telefonisch oder per E-Mail erreichbar. Selbst wenn ich den ein oder anderen Anruf nicht gleich persönlich entgegennehmen kann, rufe ich schnellstmöglich zurück!

 

Johann Willibald: Menschen, die mit mir Kontakt aufnehmen möchten, können dies über verschiedene Wege tun: Per Telefon, E-Mail und auch über den Sozialverband VdK bin ich gut zu erreichen.

Anmerkung der Redaktion:

An dieser Stelle wird ein Infokasten mit Ihren Kontaktdaten eingefügt.

 

Was raten Sie den Karlsfelder Bürgerinnen und Bürgern, die sich engagieren möchten? An welche Stellen kann man sich wenden, wo kann man helfen?

 

Andrea Dommert: Ich würde den Karlsfelder Bürgerinnen und Bürgern empfehlen, sich an uns, die Behindertenbeauftragten, zu wenden, um ihre Anliegen und Ideen einzubringen. Es gibt auch verschiedene Vereine und Organisationen, die sich für die Belange von Menschen mit Behinderungen engagieren, die sich über eine ehrenamtliche Beteiligung freuen würden.

 

Sabine Leitl: Wir möchten ab jetzt verstärkt mit den Karlsfelder Bürgerinnen und Bürgern in Kontakt treten. Wir erhoffen uns, dass daraus mehr Chancen und Möglichkeiten entstehen. Ich denke, es ist sehr wichtig, nicht nur passiv darauf zu warten, dass die Menschen auf uns zukommen, sondern aktiv zu fragen „Wer braucht Hilfe?“. Dann können wir auch einer Person, die ein Ehrenamt ausführen möchte, ganz genau sagen, dieser Verein oder diese Freizeitbegleiter suchen händeringend Helfer. Das ist auch wieder ein Thema, das nicht nur Menschen mit Behinderung betrifft, dazu zählen auch Seniorenkreise, Nachbarschaftshilfen oder Fahrdienste. 

 

Johann Willibald: Über eine Beteiligung und Mitwirkung gibt es neben den politischen Parteien die verschiedensten Möglichkeiten. Um ein paar Beispiele zu nennen: der Sozialverband VdK, die Arbeiterwohlfahrt oder auch den Seniorenbeirat.

 

Ihre Vorgängerin Anita Neuhaus hat nach vielen Jahren ihr Amt niedergelegt. Sind Sie noch mit ihr im Austausch und was können Sie von ihrer langjährigen Arbeit übernehmen?

 

Andrea Dommert: Ich stehe selbst bisher nicht mit ihr im Austausch, mein Kollege Herr Willibald hat Kontakt zu Frau Neuhaus und es ist ein persönliches Treffen mit allen Behindertenbeauftragten in nächster Zeit geplant, um in Austausch zu gehen und von ihren langjährigen Erfahrungen und Kenntnissen profitieren zu können.

Sabine Leitl: Über meinen Beruf bin ich bereits einige Jahre mit Anita Neuhaus in Kontakt. Mit ihr habe ich unter anderem an einem Treffen der kommunalen Behindertenbeauftragten, noch vor meinem Amtsantritt, teilgenommen. Ich war quasi als geladener Gast „ohne Funktion“ anwesend. Sie hat mich darüber hinaus in das soziale Netz in Karlsfeld eingeführt. Nach ihrem Rücktritt im Jahr 2022 habe ich das als Chance gesehen, dieses wichtige Amt als Nachfolge zu bekleiden.

Johann Willibald: Leider haben wir es bisher nicht geschafft, einen Termin mit Frau Neuhaus zu vereinbaren. Aber ich habe bereits Kontakt mit Anita Neuhaus aufgenommen. Wir werden schnellstmöglich eine Art „Übergabe“ mit ihr vereinbaren. Wir greifen auf den wertvollen Erfahrungsschatz von ihr zurück. In meinen Augen ist es wichtig, genau zu erfahren, an welchen Punkten sie bei ihren Projekten stehen geblieben ist. Sonst laufen wir Gefahr, womöglich an irgendwelchen Schrauben zu drehen, die Frau Neuhaus bereits bewegt hat – das wäre der falsche Weg.

 

Wie sieht Ihr Arbeitsalltag als Behindertenbeauftragter aus? Und haben Sie jetzt schon einen vollen Terminkalender?

 

Andrea Dommert: Mein Alltag als Behindertenbeauftragte ist vielfältig und abwechslungsreich. Er umfasst die Organisation von Veranstaltungen, die Beratung von Menschen mit Behinderungen, die Zusammenarbeit mit Behörden und Organisationen sowie die Entwicklung von Maßnahmen zur Förderung der Inklusion. Um meine Arbeit effektiv zu integrieren, plane ich sorgfältig und priorisiere meine Aufgaben entsprechend. Dabei ist es mir wichtig, stets flexibel zu bleiben und mich den aktuellen Anforderungen anzupassen, um die bestmögliche Unterstützung für Menschen mit Behinderungen zu gewährleisten. Obwohl mein Terminkalender bereits gut gefüllt ist, habe ich viele Ideen und Gedanken im Kopf, die ich gerne umsetzen möchte. Ich bin motiviert, meine Energie und Leidenschaft dafür einzusetzen, die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen zu unterstützen. Es ist eine spannende Herausforderung, diese Ideen mit meinem Beruf und Alltag in Einklang zu bringen, freue mich jedoch darauf, diese gemeinsam umzusetzen.

 

Sabine Leitl: Ich führe das Amt der Behindertenbeauftragten nebenberuflich, aber mit vollem Einsatz aus. Ich bin Teilzeit beschäftigt aber natürlich habe ich neben der beruflichen Tätigkeit und dem Ehrenamt noch viele weitere Aufgaben, die es im Alltag zu erfüllen gilt. Daher würde ich sagen, ich bin stets gut beschäftigt.

 

Johann Willibald: Das möchten sie nicht wissen, ich frag mich ab und zu, wie ich nebenbei in die Arbeit gegangen bin. Zum Terminkalender: Es geht so. Ich bin froh, dass wir zu dritt sind und die Probleme und Hindernisse gemeinsam abarbeiten und bewältigen können.

 

Welche Aufgaben haben Sie als Beauftragte für Menschen mit Behinderung?

 

Andrea Dommert: Als Beauftragte für Menschen mit Behinderung habe ich die Aufgabe, ihre Interessen zu vertreten, Barrieren abzubauen, Inklusion zu fördern und Hilfestellung anzubieten, um ihre Selbständigkeit und Lebensqualität zu verbessern.

 

Sabine Leitl: Es gibt vom bayerischen Staat eine Art Regelwerk, dort sind gewisse Dinge geregelt. Ein Beispiel: eine Kommune baut ein neues Gebäude und in dieser Kommune wurde ein Behindertenbeauftragter bestellt, dann ist dieser hinzuzuziehen um zu überprüfen, wo Barrieren sind. Wir sind berechtig und verpflichtet mitzureden. In Karlsfeld haben wir eine sehr günstige geographische Position, rundherum gibt es unzählige Angebote. Wir möchten die verschiedenen Anbieter sammeln, nicht nur für die offiziellen Hilfsangebote, sondern auch für die Freizeitgestaltung. Wir möchten den Menschen, die uns ansprechen, eine Vielzahl an Möglichkeiten anbieten können. Wir sind nicht die Organisatoren, sondern die Multiplikatoren.

 

Johann Willibald: Ich sehe unsere Funktion als Vermittler, wir geben Hilfestellungen und nennen Ansprechpartner. Zuerst einmal ist es aber wichtig, die Messlatte nicht zu hoch zu legen, man muss immer drüber springen können, sonst geht man bei diesem Amt ein.  

 

Wie beurteilen Sie die Zukunft für Menschen mit Behinderung in Karlsfeld und was wünschen Sie sich für die Zukunft? Was sind in Karlsfeld bereits Punkte, die besonders gut umgesetzt werden?

 

Andrea Dommert: Als langjährige Mitarbeiterin im Gesundheits- und Sozialwesen sehe ich eine positive Entwicklung für Menschen mit Behinderung. Es gibt bereits einige Unterstützungsangebote und inklusive Maßnahmen, die es Menschen mit Behinderung ermöglichen, am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Insbesondere Kinder mit Behinderungen benötigen noch deutlich mehr Unterstützung und Inklusion. Für die Zukunft wünsche ich mir, dass diese Angebote weiter ausgebaut und verbessert werden, damit Kinder mit Behinderungen noch mehr Chancen auf Teilhabe und Selbstbestimmung erhalten. Es ist wichtig, dass wir als Gemeinschaft zusammenarbeiten, um eine inklusive und barrierefreie Umgebung für alle Kinder in Karlsfeld zu schaffen. Jedes Kind verdient es, in einer Welt aufzuwachsen, in der es die gleichen Chancen und Möglichkeiten hat. Es ist unsere Verantwortung, dafür zu sorgen, dass Kinder mit Beeinträchtigungen nicht ausgegrenzt werden, sondern vollständig in unsere Gesellschaft integriert werden. Mein eigenes Kind hat mir gezeigt, dass es so viel mehr gibt, als nur das Offensichtliche zu sehen. Es hat mich gelehrt, dass wahre Schönheit in der Vielfalt liegt und dass wir alle einzigartig sind. Es ist wichtig, dass wir Kinder mit Beeinträchtigungen nicht bemitleiden, sondern ihnen die Unterstützung und Anerkennung geben, die sie verdienen. Ich möchte dafür kämpfen, dass jedes Kind die gleichen Rechte und Möglichkeiten hat, unabhängig von seinen Fähigkeiten oder Beeinträchtigungen. Eine Umgebung zu erschaffen, in der jedes Kind seine Träume verwirklichen kann und in der Inklusion und Akzeptanz selbstverständlich sind.

 

Sabine Leitl: Ich finde es bestechend, dass das Thema in Karlsfeld so ernst genommen wird. Das hat man auch daran gemerkt, wie bereitwillig und schnell der Gemeinderat die Satzung „für uns“ geändert hat, sodass wir das Ehrenamt zu dritt ausführen können. Dieser Wille zu zeigen, dass dies ein wichtiges Thema ist, das zur Gemeinschaft der Gemeinde Karlsfeld dazu gehört und einfach schon zu sagen „Hier soll etwas passieren“, das finde ich eine wahnsinnig wichtige Basis. Ein konkretes Beispiel ist die Errichtung einer Toilette für alle – das ist nicht nur eine behindertengerechte Toilette, in einer „Toilette für alle“ ist auch eine Pflegemöglich vorhanden. Das ist wichtig, wenn eine erwachsene Person, die beispielsweise im Rollstuhl sitzt, gepflegt werden muss. Diese Möglichkeit, einer Toilette für alle, könnte in Zukunft beim Neubau oder bei der Sanierung bestehender, öffentlicher Gebäude berücksichtigt werden. Mein Credo ist, Inklusion ist ein Mehrwert für alle Personen und nicht eine milde Gabe für einen kleinen, beschränkten Personenkreis. Ich wünsche mir, dass mehr Menschen diese Ansicht verinnerlichen.

 

Johann Willibald: Ich bin ein positiv denkender Mensch. Und ich denke, dass sowohl Menschen mit, aber auch ohne Behinderung, in Karlsfeld gut aufgehoben sind. Eine sichtbare, sehr positive Veränderung, die in Karlsfeld bereits eingeführt wurde, sind die Absenkungen in den Bushäusern. Aber auch das Blindenleitsystem, dass verbaut worden ist. Hier wurde Sichtbares für die Behinderten geleistet. Die Gemeinde Karlsfeld macht einiges, aber noch nicht genug. Ich finde immer wieder etwas, das verbessert werden kann. Daher würde ich sagen, einiges kann man verbessern, und das sollte man auch anstoßen, um eine Veränderung zu bewirken. Einige Punkte kann beziehungsweise muss man hinnehmen. Ich sage immer, man muss das Beste daraus machen.

 

Foto: KA